Siebzig Tonnen über dem Kopf

Wir denken nicht immer an die gravierenden Einwirkungen, denen die Räder und Achsen von Schienenfahrzeugen ausgesetzt sind, seien es Züge oder Strassenbahnen. Das Rutschen auf Blättern im Herbst, Notbremsungen, Stösse – all das bleibt im Metall der Achsen in „Erinnerung“. Und doch ist dies die erste Sicherheitskomponente, weshalb diese Elemente einer sehr sorgfältigen Pflege und Wartung unterliegen.

Um diese Wartung zu gewährleisten, hat sich das SNCF-Technikzentrum in Noisy le Sec, nordöstlich von Paris, gerade mit einer neuen Unterflur-Radsatzdrehmaschine von KOLTECH ausgestattet, deren Besonderheit darin besteht, dass sie Strassenbahnradsätze ohne Demontage bearbeiten kann. Mit der Expansion der Städte müssen Strassenbahnen nicht nur das städtische Netz, sondern auch das nahe gelegene Schienennetz nutzen. Es gibt nun Schienenfahrzeuge, die auf beiden Streckentypen fahren können. Sie werden allgemein als Strassenbahnen bezeichnet. Die neue Strassenbahn T4 im Nordosten von Paris ist eine davon.

Eine Unterflur-Radsatzdrehmaschine ist eine beeindruckende Maschine. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einer tiefen Nische und die siebzig Tonnen einer Strassenbahn oder die vierhundert Tonnen eines TGV (Hochgeschwindigkeitszug) fahren langsam über Sie hinweg und halten nur ein wenig weiter vorne an, um eine Achse über vier Rollen zu positionieren. Dann verschwinden etwas mehr als ein Meter Schienen, wobei dieser Teil des Zuges nur noch von den Rollen gehalten wird, die die Achse in Drehung versetzen, um sie mittels Bearbeitung wieder gebrauchstüchtigen Zustand zu versetzen.

Eine Bearbeitungssequenz beginnt mit der Identifizierung des Achs- und Radprofils, danach misst der Zyklus den Durchmesser jedes Rades und seinen Abstand. Der Bediener kann über Parameter Optimierungen vornehmen und definiert die Bearbeitungsreihenfolge, um das Profil in das gewünschte Toleranzfeld zurückzubringen. Die Herstellung des Profils erfordert ein hohes Mass an Präzision. Die Räder der Schienenfahrzeuge haben ein kleines Axialspiel, ein leicht konisches Profil und einen Flansch auf einer Seite um sie auf der Schiene zu halten. Wenn das Schienenfahrzeug um eine Kurve fährt führt die Neigung des Profils dazu, dass die beiden Räder auf der Starrachse leicht unterschiedliche Durchmesser zur Gleisoberfläche aufweisen und somit die erforderliche Geschwindigkeitsdifferenz ausgleichen können. Diese Konstruktion erlaubt auch eine geringe Toleranz gegenüber dem Raddurchmesserunterschied und damit die Optimierung des Materialabtrags. Ein Bearbeitungsvorgang besteht aus mehreren Phasen, der Bediener kann die Ausführungsreihenfolge wählen, wobei die Software sicher stellt, dass alle Phasen erfolgreich ausgeführt wurden, bevor der Vorgang als abgeschlossen betrachtet werden kann.

Die SNCF vertraut bei ihren Anlagen seit langem auf NUM. Bei den durchgeführten Umbauten definierte das Kompetenzzentrum der SNCF eine Bedienphilosophie und Ergonomie, die perfekt auf diese Art der Bearbeitungen abgestimmt ist. Diese Bedienphilosophie, die ursprünglich für das CNC-System NUM1060 entwickelt wurde, ist auf mehreren Dutzend Maschinen, die in den Wartungswerkstätten verteilt sind, installiert. Sie hat sich natürlich weiterentwickelt, um die gestiegene Leistung des Steuerungssystemes ausnutzen zu können, aber das Grundkonzept blieb unverändert.

Die Maschine, die uns heute interessiert, ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der SNCF, dem polnischen Hersteller KOLTECH und dem Engineering- und Fertigungsunternehmen ACNS, das KOLTECH seit 2014 auf dem französischen Markt unterstützt. Zu diesem Zweck hat sich ACNS, ein langjähriger NUM-Partner, gemeinsam mit der SNCF für ein Flexium+ 68 CNC-System entschieden. Herr Hendriksen, der Direktor von ACNS, erklärt, warum: “Einer der Vorteile der NUM-Produkte ist ihre Anpassungsfähigkeit und einfache Integration, unsere Ingenieure können die verschiedenen Aspekte schnell beherrschen und der NUM-Support ist jederzeit verfügbar; ausserdem ist die Kompatibilität der Teileprogramme mit früheren Systemen ein grosser Vorteil für unsere Kunden.” 

Zur Ausstattung gehören vier BPH155-Motoren für die Rechts- und Linksbearbeitungsschlitten, vier AMS132 10kW-Spindelmotoren, die von MDLUX 130A-Antrieben mit STOX-Funktion (Safe Torque Off) angetrieben werden. Alle Regler werden von einem regenerativen Netzteil versorgt. Vier Messeingänge auf dem EtherCAT-Bus bestimmen Durchmesser und Achsabstand der Räder. Die Sicherheits-SPS NUMSafe überwacht das gesamte System. Die Mensch-Maschinen-Schnittstelle besteht aus einem MP04-Maschinenbedienfeld und einem 15” FS152-Bedienfeld, welches die von SNCF definierte Benutzeroberfläche anzeigt. Diese ergonomische Benutzeroberfläche wurde in C entwickelt und kommuniziert mit der CNC und SPS über den FXServer. Das Standard-HMI von NUM wird nicht benötigt und daher auch nicht angezeigt.

Eine der Schwierigkeiten, die bei dieser Art von Drehmaschinen auftritt, ist das Rotieren der zu bearbeitenden Achse. Da die Achse am Zug montiert bleibt, kann sie nicht geklemmt werden und wird nur von vier Rollen angetrieben. Es ist daher notwendig, die Geschwindigkeiten der beiden Rollen desselben Rades perfekt zu synchronisieren und die Durchmesserdifferenz für die Synchronisation zwischen dem rechten und linken Rad zu berücksichtigen. Dank der Präzision der MDLUX-Digitalantriebe war es nicht notwendig, eine Drehmomentsynchronisation durchzuführen, die zu Schlupf führen könnte. Die Antriebe der rechten Seite erhalten den gleichen Drehzahlsollwert und die der linken Seite einen Wert proportional zum Durchmesserverhältnis. Diese Lösung ist sehr überzeugend.

Herr Kleiber, der SNCF-Experte für Radsatzdrehmaschinen, der die ersten Umbauten durchführte und die Ergonomie und Arbeitsabläufe dieser Maschinen definierte, erzählt uns: “Ich schätze auch die einfache Integration von NUM-Produkten und dann haben wir immer einen Ansprechpartner für After-Sales-Service oder Entwicklung. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Zusammenarbeit und der Leistung der Produkte; die Integration neuer Funktionalitäten ist geplant.”

Argumente wie Einfachheit, Leistung und Nähe werden oft als Teil der Vorzüge von NUM erwähnt. Dank ihnen entstehen Partnerschaften, die es Ihnen ermöglichen, Ihre Wettbewerbsvorteile hervorzuheben. Zögern Sie nicht, mit Ihren Ansprechpartner in Kontakt zu treten, damit auch Sie davon profitieren können.

(September 2019)